Como Bauhaus: Figurinen des Triadischen Balletts in einer anthropophagischen Studien-Rekonstruktion des Senac Universitäts-Zentrums Sao Paulo

Das 1922 in Stuttgart uraufgeführte "Triadische Ballett" von Oskar Schlemmer ist seine berühmteste Bühnenproduktion. Die insgesamt 18 Kostüme, bedeuten für darin Tanzenden durch Form, Material und Gewicht massive Beweglichkeitseinschränkungen. Sie erzwingen und inspirieren gleichermaßen eine neuartige und ungewöhnliche Art eines minimalistischen, raumplastischen Tanzens. Wie die musikalische Begleitung sind die Kostüme bis zur letzten Aufführung 1932 in Paris von Carl Schlemmer (dem Bruder Oskar Schlemmers), aber auch von Mitarbeitern der Bauhauswerkstätten mehrfach verändert und überarbeitet worden. Von 2008 bis 2010 haben Studierende und Lehrende des Senac Universitätszentrums diese Kostüme Schlemmers, die als der konzentrierteste Ausdruck seiner Bühnentheorie sowie seiner Vision, den Menschen als idealisierte, metaphysische Kunstfigur neu zu entwerfen, in einem umfangreichen pädagogischen Forschungsprojekt rekonstruiert. Die Basis dafür bildeten  veröffentlichte Fotografien, Zeichnungen und anderen historische Dokumente.  Anlässlich der Ausstellung "Mensch-Raum-Maschine. Bühnenexperimente am Bauhaus" wurden die brasilianischen Studien-Rekonstruktionen zu Schlemmers Kostümballett der Stiftung Bauhaus Dessau als Schenkung überlassen. 

Der Titel "Como Bauhaus" verweist  auf  die brasilianische Rezeption im Geiste eines kulturellen Kanibalismus", denn "Como" heißt sowohl "wie" und "essen". Als Oswald de Andrade 1928 das "Anthropophagische Manifest" (bzw. Das "Kannibalistische Manifest" geschrieben hatte, begründete er damit die bis heute in Brasilien relevante "Anthropophagie-Bewegung", in der Künstler und Intellektuelle die selbstverständliche, spielerische und möglichst sinnlich-konkrete Einverleibung und Anverwandlung des Anderen – z.B. der europäischen Moderne und so auch des "Triadischen Balletts" – als Ausdruck eines prinzipiellen "Mischlingscharakters" der brasilianischen Nation – bzw. des brasilianischen Seins – begreifen.  Zugleich ist "Como Bauhaus" der Titel einer zunächst auf drei Jahre angelegten pädagogischen und künstlerischen Kooperation des Senac Universitätszentrums Sao Paulo und der Stiftung Bauhaus Dessau zu transnationalen Interpretationen der Moderne.

Installation: 

Linda Pense (Künstlerin, Designerin Leipzig) mit Angela Leal und Angela Covacs (Restauratorinnen, Senac Universitäts-Zentrum Sao Paulo), Torsten Blume (wissenschaftlicher und künstlerischer Mitarbeiter der Stiftung Bauhaus Dessau, Projektleitung), Christian Hiller (Medienwissenschaftler, Kurator, Berlin, Projektkoordination) 

Die Stiftung Bauhaus Dessau zeigte die 18 brasilianischen Adaptionen im Rahmen der "Mensch Raum Maschine"-Ausstellung.