Geometrisches Ballett
Hommage à Oskar Schlemmer [AUSVERKAUFT]

{ Inszenierung }

Mi, 11. Sept 2019
20 Uhr  [AUSVERKAUFT]

–> Bauhaus Museum Dessau, Arena

Ein Projekt von Ursula Sax (DE)
Gesamtleitung und Produktion: tristan Production | Management | Event Dresden
In Koproduktion mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste
Initiiert durch Semjon H.N. Semjon, Semjon Contemporary.

Charakteristikum des Konzeptes „Geometrische Ballett (Hommage à Oskar Schlemmer)“ der Bildhauerin Ursula Sax ist die Gattungsüber­schreitung von Skulptur, Performance, Tanz, Theater und Musik. Das Werk verbindet verschiedene Bereiche der Künste: Zu allererst ist es ein Werk der Bildhauerin Ursula Sax, die 1935 in Backnang (Baden-Würt­temberg) geboren wurde, und nach Bildhauerstudien seit 1955 freischaf­fende Künstlerin ist. Das erste Studium trat sie bereits mit 15 Jahren in Stuttgart an der dortigen Kunstakademie an und ergänzte es in Berlin ab 1955 mit einem Studium bei Hans Uhlmann. Jahrzehnte später folgte sie dem Ruf als Professorin für Bildhauerei zuerst an die Hochschule für Bil­dende Künste Braunschweig (1990–1993) und später in Dresden (1993–2001). Skulpturen von Ursula Sax finden sich vielerorts im öffentlichen Raum, und ihr Werk ist in zahlreichen Museen (u.a. in der Sammlung der Berliner Nationalgalerie) und in Privatsammlungen vertreten. Ursu­la Sax hat alle bildhauerischen Materialien durchgearbeitet und neue, damals wesensfremde hinzugewonnen: Vom Stein über Bronze zu Holz und Strick – und von Textil bis zu Papier. Von der hermetisch geschlos­senen Kernskulptur sich früh entfernend, öffnet sich die Skulptur der Sax sukzessive über die Jahre in den Raum und setzt sie in kühnen Formen – und bald auch tänzerisch – in Bewegung. So könnte man neben zahl­reichen anderen Skulpturen ihre berühmteste Skulptur, die Königin der Berliner Außenskulpturen, den gelben, sich haushoch in den Himmel windenden „Looping“ von 1992 (Entwurf 1987) an der Avus als Beispiel anführen. Doch schon zuvor eroberte Ursula Sax in Performances den öffentlichen Raum, bei denen sie skulpturale Formen nutzte. Eine der

Krönungen dieser Entwicklung ist das „Geometrische Ballett“, das in erster Linie skulptural gedacht ist und die choreografierte Bewegung der Skulptur, den Tanz in den Raum, auf die Bühne bringt, den Menschen als Maß aller Dinge begreift und ihn zum kreativen Nutzen der „Tanz­skulpturen“ einlädt. Je nach Werkgruppe der „Tanzskulpturen“ sind die Bewegungsabläufe durch die plastischen Vorgaben von Ursula Sax de­finiert: Die streng geometrischen „Körperpappen“ schränken die Bewe­gung des Darstellers drastisch ein. Aber im Zusammenspiel von Körper und dem bildhauerisch einfachen Material der steifen Pappe verschmel­zen sie zu einer Einheit und formen neue Bilder und bewegliche Skulp­turen. Die „Luftkleider“ arbeiten mit nichts anderem als einer genähten, skulptural geschaffenen Stoffhülle, dem Körper des Darstellers und der Luft als bildhauerischem Material. Je nach Bewegung des Tänzers wird die Luft kanalisiert wie bei einem Blasebalg, so dass plötzlich Teilformen aufpoppen, die zuvor schlaff herunterhingen. Die Vielfalt an flexiblen Formen innerhalb eines Luftkleides und der sparsame Einsatz von Far­ben schaffen ein lebendiges Bühnenbild im Dialog der Bewegung durch die Tänzer. Die dritte Gruppe der „Körpermasken“ ist aus schwerem Filz genäht und erlaubt dem Tänzer dennoch eine größere Freiheit des tänzerischen Ausdrucks, da die „Softsculpture“ zwischen Behausung, Schutzkleid und Panzer oder einer abstrakten Form changiert. Gleichzei­tig werden aber Bilder erzeugt, wie wir sie aus der Geschichte kennen: Eine Figur scheint einer zum Leben erweckten mittelalterlichen Grab­platte eines Ritters gleich, die andere gemahnt an einen Krieger und/oder gewalttätigen Papst. Das Material selbst setzt archaisch besetzte Assoziationen frei, die uns als Menschen seit unserer Frühzeit begleiten: Wärme, Geborgenheit, Schutz, aber auch Aggression.

Das „Geometrische Ballett (Hommage à Oskar Schlemmer)“ kam 1992 auf einer Probebühne am Theater Braunschweig mit Studentinnen und Studenten zur Aufführung und war – im Titel bereits ablesbar – Oskar Schlemmer und seinem „Triadischen Ballett“ gewidmet. Im Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 rückt es wieder in die Wahrnehmung und das Interesse der Kunstwelt. Ursula Sax (*1935) selbst ist durch ihre Ausbildung und ihr Schaffen eng mit der Bauhaus-Tradition verbunden. Mit über achtzig Jahren kann sie auf ein breites Schaffen zurückblicken, das von Privatpersonen, Galeristen und Museen geschätzt und gesammelt wird. Auf verführerische Weise verbinden uns die – ursprünglich bereits einem Museum übereigneten – Luftkleider, Körpermasken und Körperpappen mit der im Jahr 2019 ausgiebig gefeierten Bauhausgeschichte und insbesondere mit den künstlerischen und theaterwirksamen Aspekten des Bauhauses. Diese machten einen großen Teil der Praxis am Bauhaus aus, die jedoch kaum noch praktisch erlebbar ist. Inhaltliche Schwerpunkte in der Arbeit mit den Repliken der Objekte sind das Verhältnis von Form und Raum, sowie Skulptur und Bewegung. Eine besondere Rolle spielt dabei die Musik von Sascha Mock, die parallel zum szenischen Entstehungsprozess entsteht. Neben der Frage der Bewegung von Körpern im Raum und im Verhältnis zur Musik ergeben sich dem heutigen Dresdner Inszenierungsteam um die Choreographin Katja Erfurth zeitgemäße, in die Realität reichende Themen: Wie zum Beispiel Körper und Maske, Verhüllung und Individualität, Masse und Individuum, Abstand und Nähe sowie Schutz und Durchlässigkeit. (Semjon H. N. Semjon und Isolde Matkey)

Choreografie: Katja Erfurth
Musik: Sascha Mock
Dramaturgie: Isolde Matkey
Gesang und Performance: Annette Jahns
Tanz und Performance: Erik Brünner, Katja Erfurth, Helena Fernandino, Jule Oeft, Liang Zhu
Lichtdesign: Ted Meier
Produktionsleitung: Nicole Meier

Gefördert durch das Sächsische Staatsministerium des Inneren und die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen sowie die Landeshauptstadt Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes.

Katja Erfurth
ist Tänzerin und Choreographin. Nach einer neunjährigen Tanzausbildung an der Palucca Schule in Dresden u.a. bei Gret Palucca folgte 1990ein Engagement im Ballettensemble der Sächsischen Staatsoper Dresden, welches sie 1997 beendete, um freiberuflich tätig zu sein. An der Staatsoper tanzte sie u.a. in Choreographien von John Neumeier, Stephan Thoß, Arila Siegert und Thomas Hartmann. Seit 1995 arbeitet sie zunehmend choreographisch in verschiedenen Gemeinschafts- und Soloprojekten. Es entstanden zahlreiche Soloabende, u.a. „S.IEBEN“ – nach Salome von Oscar Wilde mit Tom Götze (Kontrabaß), sowie einSAME“ und „achtSAME“ mit Florian Mayer (Violine). Daneben choreographiert sie für zahlreiche Musik- und Sprechtheaterinszenierungen, u.a. am Theater Junge Generation Dresden, am Staatsschauspiel Dresden, in verschiedenen Opernproduktionen der Hochschule für Musik, Dresden und am Theater Plauen-Zwickau. An der Hochschule für Musik, Carl Maria von Weber und der Hochschule für bildende Künste Dresden bestehen Lehraufträge in den Fächern Bewegung-Tanz-Improvisation. Von 2002-2013 hatte sie die Künstlerische Leitung der Batzdorfer Pfingstspiele inne. Zum Festival TANZherbst 2005 erhielt sie den Publikumspreis für ihr Solo ver_wege(n). 2013 recherchierte sie als Stipendiatin der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen zu Tänzen von Mary Wigman und Dore Hoyer, auf dessen Grundlage ihr Solotanzabend „Tänze in SCHWARZWEISS – Gewidmet der Ausdruckstänzerin Dore Hoyer (1911-1967)“ entstanden ist. Mit dieser Produktion wurde sie für den Sächsischen Tanzpreis 2015 nominiert. Weiter entwarf sie in jüngerer Vergangenheit verschiedene Schülertanzprojekte mit jeweils knapp 100 Kindern und Jugendlichen. Die pädagogische, choreographische und inszenatorische Arbeit mit Sängerdarstellern, Schauspielern, Kindern und Jugendlichen bildet einen Schwerpunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Körpersprache. Katja Erfurth ist Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und weiter in verschiedenen Fach- und Kulturbeiräten und Jurys tätig. Im Jahr 2016 gründete sie mit weiteren Tanzschaffenden den Verein Villa Wigman für TANZ e.V. und engagiert sich als Vorstandsvorsitzende für den Erhalt und die Gestaltung der ehemaligen Wigman-Schule, Bautzner Str. 107 in Dresden, in ein Produktionshaus für Tanz. Der Verein wird von der Bundeskulturstiftung durch TANZFONDS ERBE und TANZPLAN DRESDEN maßgeblich unterstützt.

Jule Oeft
studierte klassisches Ballett an der Palucca Hochschule für Tanz Dresden, sowie zeitgenössischen Tanz am Zentrum für zeitgenössischen Tanz Köln. Seit 2011 ist sie als freischaffende Tänzerin in Dresden und Berlin tätig. In ihrer Berufspraxis arbeitet sie, neben eigenen Projekten, immer wieder mit Künstlern anderer Sparten zusammen, wie dem Komponisten John Moran und der Objekt-Theater- Gruppe Cie. Freaks und Fremde. Durch das Studium und die vielseitigen Erfahrungen in Projekten der darstellenden Künste hat sie eine persönliche, ausdrucksstarke und technisch versierte Bewegungssprache entwickeln können. Als Mitbegründerin ist sie als Tänzerin, Choreografin und künstlerische Leitung für die Company tätig.

Sascha Mock
studierte von 1990-1994 an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden und schloss als Diplommusikpädagoge mit Hauptfach Schlagzeug ab. Seine Konzerttätigkeit als Schlagzeuger führte ihn nach Indien, Schweiz, Österreich und in die Niederlande. In den letzten Jahren improvisierte er regelmäßig mit Studenten der Palucca Hochschule zur Tanzwoche auf der Insel Hiddensee. Seit 2013 ist er Korrepetitor für modernen/zeitgenössischen Tanz und seit 2016 Dozent für Musiktheorie an der Palucca Hochschule für Tanz, Dresden.

Annette Jahns
ist Opernsängerin und Opernregisseurin. Nach ihrem Gesangsstudium an der Musikhochschule „Carl Maria von Weber“ in Dresden war sie langjähriges Mitglied des Solistenensembles der Sächsischen Staatsoper Dresden „Semperoper“. Operngastpiele, Konzert- und Liederabende führten sie durch Deutschland, Europa und Japan, u.a. mit dem Tanztheater Pina Bausch. Seit 1989 entwickelt sie eigene Inszenierungen (Soloabende, Kammeropern, Opern). Annette Jahns sang bei den Bayreuther Festspielen, debütierte 2002 bei den Salzburger Festspielen und 2003 an der Scala di Milano. Ruth Berghaus und Pina Bausch mit ihrer besonderen Ästhetik und dem geistig- emotionalen Bezug zum Heute bezeichnet die mehrfache Preisträgerin (Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden und Kritikerpreis 1987 für die Darstellung der Bettina von Arnim in der UA der gleichnamigen Oper von F. Schenker) als ihre Lehrmeisterinnen und prägend für ihre Handschrift. Seit 2000 ist Annette Jahns ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. Von 2009 bis 2014 war sie Senatorin im Sächsischen Kultursenat.

Isolde Matkey
studierte Musik- und Theaterwissenschaften am Leningrader Konservatorium. Sie war engagiert als Dramaturgin an der Semperoper und arbeitete mit nahmhaften Regisseur*innen und Choreograf*innen, danach freischaffend als Journalistin und Projektmanagerin. Im Herbst 1997 gründete sie in Dresden die Agentur tristanPRODUCTION Als freies Kulturmanagement ist tristanPRODUCTION im Bereich der Freien Künste aktiv und verbindet Konzept- und Projektentwicklungen mit Aspekten einer Künstleragentur. 10 Jahre plante und realisierte tristanPRODUCTION das Festival TANZherbst. Aufbauend auf langjährigen Erfahrungen und Kontakten im Theater- und Kulturmanagement arbeitet Isolde Matkey mit einem großen Kreis von Musiker*innen, Theatermacher*innen und Künstler*innen zusammen, einige vertritt sie exklusiv im Gastspielmanagement. Ständige Arbeitsfelder neben Neuproduktionen, Gastspielvermittlungen sowie Presse-vund Öffentlichkeitsarbeit für diverse Projekte sind die Konzertreihe TASTENWELTEN, der SCHWESTERNHÄUSER KULTURSOMMER sowie VILLA WIGMAN FÜR TANZ .

Erik Brünner
wurde 1970 in Jena geboren und lernte das Theaterhandwerk von der Pike auf. An den Städtischen Theatern Gera wurde er in drei Jahren zum Bühnentechniker ausgebildet. Nach seinem Schauspielstudium an der renommierten Berliner Hochschule für Schauspielkunst “Ernst Busch” studierte er den Beruf des Schauspielers. Es folgte ein Engagement am Theater Aachen. Danach wurde Brünner am Staatsschauspiel Dresden fest engagiert. Anschießend spielte und spielt er in Dresden am Theater Junge Generation und auf dem Theaterkahn.

Helena Fernandino
begann 1990 ihre Tanzausbildung in ihrer Heimatstadt Barbacena, Brasilien. Ihre Tanztechnik entwickelt sie in Brasilien und in Ländern wie Deutschland, Belgien und Österreich fort. Seit 2003 in Deutschland und nach ihrem Studium der Sprachwissenschaft arbeitet sie als Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreografin, unter der Leitung von und in Zusammenarbeit mit renommierten Choreografen und Regisseuren. Als Tänzerin arbeitete sie beim Theater Münster, unter der Leitung von Daniel Goldin und beim Gerhart Hauptmann Theater Görlitz unter der Leitung von Gundula Peuthert. Zu ihrer Arbeit als Tänzerin und Choreografin gehören auch Formate, wie Video-Tanz, site-specific Performances und Interventionen im öffentlichen Raum. Zusammen mit Wagner Moreira choreographierte sie u.a. ein Requiem von Dvorak; den Video-Tanz „Helena“ (von Hector Solari); die sitespecific Performance „Normal Work in Progress“; die Performance „Normal“, mit psychischen kranken Menschen, und das Stück „you don’t know what i don’t know“ in Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste Dresden. Ihre Solo Stücke „Unort“ und „Amparo“ präsentierte sie am Theater Görlitz, in der TanzWoche Dresden und im Hellerau. Seit 2010 sind mixed-abled Produktionen Teil ihrer Arbeit, als Tänzerin und Choreografin, unter anderen bei Frequenz 09/10/TanzApartment_Berlin, Reflektor/ Kulturkosmos_Leipzig, Club der anders begabten BürgerInnen und Un-label. 2013 erhielt sie das Sächsische Landesstipendium für die Künstlerische Meisterklasse Palucca Hochschule für Tanz Dresden. In Ihrer Recherche untersucht sie die Schnittstelle zwischen Tanz und kognitive Linguistik. Der Schwerpunkt ihrer Recherche liegt beim zeitgenössischen Tanz für Kinder und Jugendliche. 2014 begann sie eine Ausbildung als Somatic Movement Educator – Body Mind Centering – © BMC. 2015/2016 erhielt sie einen Lehrauftrag an der Hochschule Zittau/Görlitz – Fakultät Management und Kulturwissenschaft und Fakultät Sozialwissenschaft.

Semjon H. N. Semjon (Semjon Semjon),
studierte Kunstgeschichte und Klassische Archäologie sowie später Bildende Kunst bei Georg Baselitz. Seine eigene langjährige künstlerische Praxis erfährt seit der Gründung der Galerie für zeitgenössische Kunst Semjon Contemporary in Berlin ein Sabbatical. 2001 hatte Semjon H.N. den Projektraum KioskShop berlin (KSb) ins Leben gerufen. Ursprünglich als Langzeit-Installation in Berlin-Mitte begonnen, entstand ein zehn Jahre währendes Interventionsprojekt, das vielen aufstrebenden Künstlern ein Ausstellungs- und Diskussionsforum bot. An den ehemaligen Standort des KioskShops hielt im September 2011 die Galerie Semjon Contemporary s|c Einzug, die ebenfalls von H.N. Semjon gegründet wurde. In ihrem Programm knüpft die Galerie an zahlreiche Kontakte und Projekte des KioskShops an und vertritt Künstler, mit denen H.N. Semjon als ehemaliger Kollege in langjährigen produktiven Beziehungen steht.

Veranstaltungsort:
Bauhaus Museum Dessau, Arena