Gonzalez Hinz Zabala – Einfachheit als Prinzip

Das Architekturbüro Gonzalez Hinz Zabala arbeitet als Kollektiv, in dem Individualisten zusammenfinden. Sie verstehen Architektur als Raumgestaltung für die sozialen und kulturellen Entwicklungen unserer Zeit. Dabei ist Einfachheit ein klares Prinzip.

Themen des Büros sind Stadtgestaltung, Architektur und Design.
www.addendaarchitects.com

Ein Gespräch mit Gonzalez Hinz Zabala zur Bauaufgabe Bauhaus Museum Dessau.

Die Fragen beantworteten Roberto González (RG), Anne Hinz (AH) und José Zabala (JZ).

  • Muss man ein Bauhaus-Liebhaber sein, um ein Bauhaus-Museum zu entwerfen? Was hat Sie motiviert, an diesem Wettbewerb teilzunehmen?

(AH): Vielleicht muss man nicht unbedingt ein Bauhaus-Liebhaber sein, um ein Bauhaus-Museum zu entwerfen. Aber ein Bauhaus-Museum zu entwerfen, das die Ideen des Bauhauses aufgreift, sie neu interpretiert und sie in die Vorstellung eines Bauhauses des 21. Jahrhunderts übersetzt, ist so herausfordernd, dass man das Bauhaus lieben muss. Das Bauhaus ist ein absolut faszinierendes Phänomen. Eine Schule, die nur für relativ kurze Zeit aktiv war, aber zu einer Bewegung mit globalem Einfluss wurde, die es geschafft hat, zu überleben und sich in der ganzen Welt zu verbreiten – das ist einzigartig in der Geschichte der Architektur.

(JZ): Jeder, der sich für Architektur interessiert, kennt das Bauhaus. Für Leute vom Fach ist die Teilnahme an jeglichem Ereignis, das mit einer zeitgenössischen Interpretation oder Neugestaltung dieser Bewegung verbunden ist, unglaublich motivierend.

  • Was macht das Bauhaus zeitgenössisch oder halten Sie es für eher überholt?

(RG): Wir glauben, dass es immer noch viele aktuelle Aspekte des Bauhauses gibt. Einige waren offenbar für einige Zeit nicht so sichtbar – aber die Art und Weise, wie wir als Team zusammenarbeiten, und die Art und Weise, wie wir uns der Architektur nähern, ist doch sehr bauhaus-mäßig. Wir sind fünf Architekten mit gemeinsamen Erfahrungen und Ansichten, aber auch mit divergierenden Fähigkeiten und Interessen. Durch die gemeinsame Arbeit in einem Team, mit einem gemeinsamen Ziel und einer Offenheit für Diskussionen, können wir fundierter agieren und sind besser auf Herausforderungen vorbereitet. In Bezug auf Kunst und Architektur sind für uns Konzeptualisierung, Funktion, Klarheit, Technik (die abhängig von der Architektur sein sollte und nicht umgekehrt) und soziale Interaktion viel wichtiger als andere Design-Aspekte.

  • Hatten Sie von Anfang an ein gemeinsames Konzept für Ihren Wettbewerbsbeitrag? Wie diskursiv war Ihr Entwurfsprozess?

(RG): Wir haben zunächst einen individuellen Ansatz verfolgt: Was bedeutete das Bauhaus Museum Dessau für jeden von uns. Nach Ablauf des ersten Monats waren die einzelnen Ideen und Konzepte umfassend diskutiert und lagen als Fotomontagen, Zeichnungen, Schemata, Skizzen usw. vor.

(JZ): In dieser ersten Phase des Wettbewerbs gab es sehr häufig Diskussionen über den Entwurf, dies führte dann zu einem hohen Maß an Entschlossenheit und Selbstvertrauen bezüglich unserer endgültigen Entwurfsentscheidung. In der zweiten Phase vereinbarten wir von Anfang an, so viel wie möglich von dem bereits Vorgeschlagenen beizubehalten. Das heißt, in dieser zweiten Phase ging es mehr darum, das Gebäude zu „testen”, unterschiedliche Situationen im Rahmen von ständigen Überarbeitungen und Zusammenkünften zwischen uns und anderen Mitarbeitern zu betrachten.

  • Was waren die größten Herausforderungen während des Wettbewerbs?

(RG): Da gab es sehr viele! Etwas Neues zu bauen, welches das Bauhaus im 21. Jahrhundert repräsentiert, ohne das Original zu kopieren, aber auch ohne dessen Erbe zu verleugnen, ein Museum zu schaffen, das eine Vielzahl von Objekten unter extremen Sicherheits-, Klimatisierungs- und Lichtbedingungen präsentiert, das Vermeiden einer Barriere, einer Grenze zwischen Stadt und Park, zwischen Bauhaus und Gesellschaft. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass das Budget und die Zeit für die Fertigstellung des Museums doch sehr ambitioniert sind (so ähnlich wie zu der Zeit, als Gropius das Bauhausgebäude in Dessau entwarf und baute) eine große Herausforderung für alle – die Architekten, das Bauhaus Dessau und die Stadt.

  • Mit welchem der Bauhäusler hätten Sie gern mal die Nacht durchgefeiert – und warum?

(RG): Marcel Breuer. Als ich noch an der Uni war, fanden ein Freund und ich zwei seiner Wassily-Stühle in einem Müllcontainer vor einer bekannten katalanischen Bank. Einige Wochen später kaufte ich eine Zeitschrift mit Bildern seiner amerikanischen Häuser, die mir so richtig die Augen öffneten für Breuers Arbeit.

(JZ): Mies van der Rohe oder Hannes Meyers – er war wahrscheinlich der größte Utopist am Bauhaus.

  • Welchen der Bauhäusler hätten Sie gern in Ihrem Wettbewerbsteam gehabt, und wen nicht?

(RG): Ludwig Mies van der Rohe in unserem Team – zweifellos. Ich kann nicht nachvollziehen, warum manche Leute diese Architektur als langweilig empfinden, wo sie doch, vom Konzeptuellen her gesehen, eher Barock ist! Wen ich nicht im Team hätte haben wollen – ich bin mir nicht sicher. Ich habe Teams immer als Diskussionsplattform für ein gemeinsames Ziel betrachtet, auch Leute, mit denen ich nicht übereinstimme, haben Ansichten, die es wert sind, mit in Betracht gezogen zu werden.

  • Was war Ihr erster Gedanke, als Sie den Anruf aus Dessau bekamen?

(RG): Ich schwebte einfach nur. Wir haben auch vorher schon Preise bekommen, aber das war etwas Anderes. Es war ein internationaler offener Wettbewerb mit 831 Teilnehmern, es war ein Museum und es handelt sich um das Bauhaus. Solche Nachrichten, die muss man erst einmal langsam verdauen.

  • Und was war Ihr zweiter Gedanke?

(AH): Ich glaube, wir haben dann langsam begriffen, dass dieses Projekt wirklich das Potential hat, unser Leben zu ändern. Eine große Chance, die wir ergreifen müssen, die wir in die Wirklichkeit umsetzen müssen und dabei auch noch so viel Spaß wie möglich haben sollten.

  • Als Sie Ihr Büro gründeten – war das eine bewusste Entscheidung, als Kollektiv zu arbeiten?

(RG): Es war einfach eine natürliche Entscheidung. Ein kollektiver Prozess bietet so viel – das ist wichtig für uns. Dabei geht es nicht nur um Architekten. In diesem Wettbewerb gab es zum Beispiel Gespräche mit dem Kurator Moritz Küng über Kunst und Architektur, die für unseren Beitrag von großer Bedeutung und Inspiration waren.

  • Was ist die Triebkraft und Motivation für Ihre Arbeit als Architekten?

(RG): Eine Mischung aus Berufung, dem Wunsch etwas zu erschaffen und zu produzieren und einen sozialen Beitrag zu leisten. Die Bewunderung für das Werk anderer Architekten und Künstler ist auch eine wichtige Motivation.

(JZ): Ich glaube, Architektur hat eine Art soziale Ausgleichsfunktion, sie ist eine Ausdrucksform der Gesellschaft. Architektur ist ein großartiges Vehikel für Kultur und Wissen, weil sie Methoden, Ideen, Gedanken und Ereignisse in sich aufzunehmen vermag. Es gibt nur wenige Dinge im Leben, die einem mehr Genugtuung verschaffen, als ein guter architektonischer Beitrag.

Das Gespräch führten Franziska Eidner und Laura Raber.

(Das Interview ist in der Zeitschrift Bauhaus 7 „Kollektiv“ erstmals im Dezember 2015 erschienen. Die Verwendung im Rahmen der Presseberichterstattung ist freigegeben).