Open Studio Sydney

Constructing the Commons
3 . – 7 . 7 . 2017
Das Open Studio Constructing the Commons konzentrierte sich auf die heutige Bedeutung und die Praxis von Commons und Commoning. Ausgangspunkt des zweiwöchigen Workshops war das Projekt eines Wohnhotels, das Walter Gropius als deutschen Beitrag für die Werkbundausstellung 1930 in Paris entworfen hatte. Das Herzstück von Gropius‘ Wohnhotel ist „ein Gemeinschaftsbereich mit der eleganten Atmosphäre eines modernen Klubs, ohne eine Spur von verordnetem Kollektivismus, mit sowohl gemeinschaftlichen als auch individuellen Freizeitaktivitäten …“
Gropius‘ Beitrag zeigte nicht nur das zeitgenössische Design, sondern auch seine Vision eines kollektiven Wohnens in einer Gesellschaft der Zukunft. Das globale Studio Constructing the Commons befasste sich mit Gropius‘ Ideen von 1930 und setzte sie zu derzeitigen räumlichen Praktiken des Commoning in Beziehung mit dem Ziel, eine neue Utopie des kollektiven Wohnens zu gestalten, die auf bestehenden sozialen Praktiken beruht und die den Raum als Agens der Gemeinschaft versteht.
Das zweiwöchige Studio bestand aus zwei Teilen – einer Woche in Dessau am Bauhaus und einer Woche in Berlin an der Universität der Künste (UdK). Während der ersten Woche in Dessau trafen sich die Teilnehmer*innen der UTS (University of Technology Sydney) und der UdK Berlin zum ersten Mal und erarbeiteten eine gemeinsame Grundlage für die Zusammenarbeit durch die Lektüre von „On the Commons“. Jede*r Teilnehmer*in bereitete im Voraus ein Leitbild zu dem Thema vor, das am ersten Tag präsentiert und diskutiert wurde. Angeregt von der Tradition des Bauhauses war es ein wichtiger Teil des Workshops, anhand von Alltagspraktiken und deren Reflexion Erkenntnisse zu gewinnen. Das schloss die Aneignung des Bauhauscampus in Dessau und die Organisation alltäglicher Aufgaben ein.
Während der zweiten Woche in Berlin war die Ausstellung von Gropius 1930 der Ausgangspunkt. Am Ende des Studios präsentierten die Teilnehmer*innen einen Entwurf für mögliches zukünftiges Commoning. Sie verwandelten die Universität in einen Ausstellungsort und die fünf Gruppen zeigten jeweils ein 1:1-Modell, das ihre Ideen von zukünftigem gemeinsamem Wohnen repräsentierte. Die Gruppen stellten nicht nur wichtige Fragen, sondern wiesen durch ihre 1:1-Entwurfsskizzen auch darauf hin, wie diese Fragen aus einer Architekturperspektive heraus bearbeitet werden können
Gastinstitution
University of Technology Sydney
Universität der Künste Berlin
Studioleiter*innen
Christof Meyer, raumlabor Berlin
Prof. Markus Bader (Universität der Künste)
Anna Kokalanova (Universität der Künste)
Gastkritiker
Dr. Werner Möller (Stiftung Bauhaus Dessau)
Torsten Blume (Stiftung Bauhaus Dessau)
Eindrücke








Fragen an Christof Mayer und Markus Bader
Ihr Studio hat sowohl eine Woche in Berlin als auch eine Woche am Bauhaus Dessau gearbeitet. Womit hat sich Ihr Studio beschäftigt?
Christof Mayer, Markus Bader: Das diesjährige Open Studio mit dem Titel Constructing the Commons befasste sich mit dem Thema Commons und Commoning als zeitgenössisches Thema im Stadtdiskurs. Wie auch in den letzten Jahren beschäftigten wir uns mit einem gesellschaftlich relevanten Thema und verhandelten dies dann an einem konkreten Beispiel aus dem Bauhauskosmos. Die Teilnehmer hatten sich vorab durch die Lektüre der „An Architektur“Publikation „On the Commons“ auf das Thema vorbereitet und zum Auftakt des Studios ein Leitbild erarbeitet. Als architektonisches Beispiel diente uns das Wohnhotel von Walter Gro pius, das er für die Werkbundausstellung 1930 in Paris konzipiert hat. Das Schöne an dem Beispiel ist, dass es nie realisiert wurde, in der Ausstellung aber in 1:1 Rauminstallationen präsentiert wurde, als Narrativ für eine neue Gesellschaft. Das bietet eine sehr gute Voraussetzung für eine inhaltliche Aneignung und Übersetzung in die Gegenwart durch ein neues Narrativ.
In welcher Form griffen Sie dabei das diesjährige Jahresthema Substanz auf?
Im Jahresprogramm des Bauhauses zum Thema Substanz steht, dass „junge Menschen sinnlich und haptisch die Welt begreifen sollen, um sie neu den ken zu können“, und es ist die Rede vom „Lernen als experimenteller Prozess“. Das kommt dem ziemlich nahe, was wir mit dem Open Studio erreichen woll ten. Die sinnliche und haptische Erfahrung ist bei uns aber nicht das Arbeiten mit Material, sondern das Lernen durch Erfahrungen und durch das Erleben des alltäglichen Raums. Unsere Teilnehmer mussten sich nicht nur theoretisch und architektonisch mit dem Thema Commons und Commoning auseinandersetzen, sondern waren auch dazu aufgefordert, alle Mahlzeiten gemeinsam zu organisieren, vorzubereiten und zu teilen. Dafür hatten wir unseren Laster mitgebracht, der uns dann als mobile Küche diente. Handeln ist uns grundsätzlich sehr wichtig. Die Erfahrung eines Potenzials ist besser als das Konzept eines Potenzials.
Inwiefern haben Materialstudien und die klassische Materiallehre, die am Bauhaus integraler Bestandteil des Unterrichts waren, für die Lehre an Kunsthoch- schulen im 21. Jahrhundert noch eine Relevanz?
Wir nden, dass die Ausbildung am Bauhaus noch immer relevant ist. Allerdings muss sie auch in die heutige Zeit übertragen werden. Wie bereits gesagt, unser Material sind Erfahrungen, um sich Fragestellungen experimentell anzunähern, oder vielmehr um Fragestellungen zu präzisieren und diese zu erproben. Dabei arbeiten wir auch viel 1:1, aber es geht uns dabei weniger um das Material, vielmehr darum, Situationen 1:1 zu testen. Das haben wir auch dieses Jahr wieder gemacht; in der zweiten Woche an der UdK in Berlin haben die Teilnehmer ihre Hypothese dann gebaut, in diesem Fall als Re-Enactment der Werkbundausstellung von 1930. Wir können aber auch von Bauprobe sprechen, das kommt dieser Arbeitsweise ebenfalls sehr nahe.