Open Studio Tokio

Substanzen von Farbe
Wassily Kandinskys Konzepte zum Unterricht am Bauhaus
23 . – 25 . 3 . 2017
Dieses dreitägige Open Studio konzentrierte sich ganz auf Wassily Kandinsky und seine Konzepte für den Unterricht im Vorkurs am Bauhaus. In seiner Lehre und in seiner Kunst manifestierte Kandinsky einen Weg der modernistischen Abstraktion, der es ermöglichte, Farbe als Substanz und Material mit einzigartigen Qualitäten jenseits von Repräsentationsfunktionen in illusionistischer Malerei zu entdecken und zu erkunden. Ausgehend von dieser Sicht auf die Farbe als Substanz konnten schließlich auch alle anderen für Gestaltung nutzbare Materialien auf ihre jeweilige Eigenart in den Blick genommen werden.
Kandinskys Unterricht im Vorkurs war für alle Studierenden von 1922 bis 1930 verpflichtend. Seine Einführung im analytischen Zeichnen, die auf den Grundformen Kreis, Quadrat, Dreieck sowie Rhombus basierte, war ein wesentlicher Teil der gestalterisch-orientierten Bauhaus-Lehre. Kandinskys Farbenseminar gehörte zur Einführung im Kurs „abstrakte Formelemente“ und in die Beziehungen von Form und Farbe. Zusammen sollten die Kurse den Bauhaus Studierenden ermöglichen, Farbe und Gestalt wahrzunehmen, zu interpretieren und mittels Abstraktion in unabhängigen synthetischen Designs zu schaffen. Das Open Studio thematisierte vor allem diese Konzepte für den Grundkurs, stellte sie aber auch in Bezug zu Kandinskys „abstrakten Bühnenkonzeptionen“. Dazu wurde einerseits ein „Stillleben“ (1928) des Bauhausstudenten Erich Mendes untersucht. Ausgehend davon setzten sich die Studierenden mit einer Szene aus Kandinskys Bühnenkomposition „Violett“ (1914/1927) auseinander und entwickelten dazu eine kurze eigene performative Adaption der abstrakten Synthese von Farben und Formen in substantieller Bewegung.
Gastinstitution:
Kuwasawa Design School Tokyo
Dozent*innen:
Asuka Kawabata (Kuwasawa Design School Tokyo)
Aki Toyoshima (Kuwasawa Design School Tokyo)
Makoto Shindo (Paul Klee Society Japan)
Gastdozent*innen:
Linda Pense, Leipzig
Torsten Blume (Stiftung Bauhaus Dessau)
Eindrücke








Fragen an Asuka Kawabata
Die Kuwasawa Design School ist nicht zum ersten Mal zu Gast im Bauhaus Dessau. Während Ihres letzten Besuchs spielte der Vorkurs von Josef Albers mit seinen Materiallektionen eine wichtige Rolle. Welchem Thema haben Sie sich dieses Mal gewidmet?
Asuka Kawabata: Beim letzten Mal haben wir das Potenzial der Form mit einem Blatt Papier als Material erforscht. Dieses Mal haben wir uns mit den Studierenden mit dem Verhältnis von Farbe und Form beschäftigt.
Ist die Form- und Farbenlehre von Wassily Kandinsky, die damals ein fester Bestandteil des Unterrichts am Bauhaus war, für Entwurfsprozesse im 21. Jahrhundert noch immer relevant?
Ja, Form und Farbe standen schon immer im Zentrum des Entwerfens, in der analogen wie digitalen Ära.
Heute kommen beim Entwerfen vor allem 2-D- und 3-D-Zeichnungen und das Modellieren am Computer zum Einsatz. Steht der klassische Materialunterricht an der Kuwasawa Design School noch auf dem Lehrplan?
In unserem Vorkurs ermutigen wir die Studierenden, mit ihren Händen zu gestalten. Eine typische Übung nennen wir die Handskulptur. Die Studierenden müs sen aus einem Holzblock eine Form schnitzen, die genau in ihre Hand passt. Um die richtige Form zu nden, müssen sie zunächst das Material mit ihren Händen erforschen, nicht mit den Augen.