EXPANDED ARCHITECTURE: TEMPORAL FORMAL in Sydney – Seidler City

  • Ausstellungsparcours „Temporal Formal at Seidler City“ am 7. November 2014, 18-21 Uhr, Australia Square, Grosvenor Place und Castlereagh Centre, Sydney
  • ​Symposium “Temporal Formal at Seidler City” am 8. November 2014, 12-16:30 Uhr, The Museum of Sydney. Zur gleichen Zeit wird dort die Ausstellung ”Harry Seidler: Painting Toward Architecture”, kuratiert von Vladimir Belogolovsky, gezeigt.

Wie kann Architektur durch temporäre künstlerische Interventionen neu und anders gedacht und erfahren werden? Dieser Frage geht das Projekt „Expanded Architecture“ am 7. November 2014 im Rahmen des diesjährigen Sydney Architecture Festivals mit der Ausstellung „Temporal Formal at Seidler City“ nach. Für eine Nacht werden die Foyer-Räume von drei Architekturikonen der Moderne in Sydneys Central Business District zum Objekt künstlerischer Auseinandersetzung und zum Schauplatz für Kunstinstallationen, Klangexperimente und Performances. Am Folgetag veranstalten die Kuratorinnen Dr. Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, und Sarah Breen Lovett, Künstlerin aus Sydney, ein Forschungssymposium am Museum of Sydney.

Im Fokus stehen drei der bedeutendsten Gebäude der australischen Architekturmoderne. Entworfen wurden die Bürohochhäuser Australia Square (1965-67), Grosvenor Place (1982-88) und das Castlereagh Centre (1984-89) vom austro-australischen Architekten Harry Seidler. Harry Seidler, Schüler von Bauhausgründer Gropius, gilt als einer der Pioniere der Moderne in Australien. Seidler (1923-2006) hat bei seinen Bauten immer wieder mit Künstlern wie dem Bauhausmeister Josef Albers, aber auch amerikanischen Größen wie Frank Stella, Sol LeWitt oder Norman Carlberg zusammengearbeitet und sich dabei von deren Umgang mit Geometrien und Mustern inspirieren lassen.

Vor diesem Hintergrund waren GestalterInnen aller Disziplinen im Rahmen eines Open Calls aufgerufen, sich mit den Schnittstellen von Kunst und Architektur in verschiedenen Epochen von der Bauhaus-Ära bis hin zur Modular Art der 1960er Jahre auseinanderzusetzen. Ausgewählt wurden elf Arbeiten, die nun unter dem Titel „Temporal Formal at Seidler City“ in Sydney gezeigt werden. So wird es neben einer Skulptur aus zusammenbaubaren Stühlen als Hommage an die am Bauhaus geschätzte Idee der Massenfertigung unter anderem eine Performance mit Referenz zu Oskar Schlemmers „Triadischem Ballett“ und eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Rolle der Frauen am Bauhaus geben.

„Expanded Architecture verbindet zeitgenössisches, künstlerisches Experiment und interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs mit einer direkten Erfahrung von modernem baukulturellen Erbe“, so Dr. Claudia Perren über die Initiative, die sie seit 2013 begleitet.

Anfang 2015 werden die Ergebnisse von Symposium und Ausstellung in der Publikation „Expanded Architecture – Temporal Spatial Practices" in der Reihe Edition Bauhaus bei AADR erscheinen. Mehr Infos hier

Weitere Informationen zum Projekt, zur Ausstellung und zum Symposium unter http://expandedarchitecture.com

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Harry Seidler:

In Europa relativ unbekannt, gilt Harry Seidler als Australiens berühmtester Architekt der Moderne, der die Ideen und Prinzipien einer internationalen Moderne nach „down under“ brachte. 1923 als Sohn eines Textilfabrikanten in Wien geboren, führte ihn die Flucht vor den Nationalsozialisten 1938 zunächst nach England, später dann über Kanada in die USA. Dort lernte er 1945 an der Harvard Graduate School of Design den ebenfalls emigrierten Bauhausgründer Walter Gropius kennen und wurde dessen Meisterschüler. Ein Jahr später studierte er bei dem ehemaligen Bauhausmeister Josef Albers am legendären Black Mountain College in North Carolina und arbeitete anschließend für weitere Größen der Moderne wie Marcel Breuer, Alvar Aalto und Oscar Niemeyer.

1948 folgte Seidler seinen Eltern nach Australien, ursprünglich nur, um ihnen ein Wohnhaus zu entwerfen. Das kubische, von Glas geprägte, mit fließenden Formen und einem offenen Grundriss ausgestattete Rose Seidler Haus in einem Vorort von Sydney war das erste Gebäude auf dem fünften Kontinent, in dem die moderne Bauweise derart konsequent durchdekliniert wurde. Harry Seidler ließ sich in Sydney nieder und eröffnete 1949 sein Architekturbüro. Nachdem er weitere Wohnhäuser nach Bauhaus-Ideen gestaltet hatte, entwarf er 1967 mit Australia Square Australiens ersten Gebäudekomplex, der neben Büro- auch Einzelhandelsflächen, große Hallen, Parkplätze enthielt und damit Privatbesitz mit öffentlichem Raum vermischte. Der 50-geschossige Wolkenkratzer mit rundem Grundriss veränderte die Silhouette von Sydney nachhaltig und gilt vielen bis heute als schönstes Hochhaus Australiens. 

Harry Seidler baute darüber hinaus mit dem MLC Centre, den Horizon-Apartments, dem Castlereagh Centre und dem Grosvenor Place eine Reihe weiterer stadtbildprägender Gebäude in Sydney. Auch in anderen australischen Städten und in Europa hat Harry Seidler seine architektonischen Spuren hinterlassen, beispielsweise mit der australischen Botschaft in Paris oder dem Wiener Sozialwohnungsbauprojekt Wohnpark Neue Donau. Bis zu seinem Tod 2006 war er als Architekt tätig, einige seiner Projekte wurden posthum fertiggestellt.

Expanded Architecture:

„Expanded Architecture“ findet im Rahmen des Sydney Architecture Festivals statt und widmet sich seit 2011 der experimentellen, interdisziplinären und temporären Inszenierung von Architektur und baukulturellem Erbe an unterschiedlichen Orten in der australischen Metropole. Initiiert wurde das Projekt von der australischen Künstlerin und Kuratorin Sarah Breen Lovett gemeinsam mit Lee Stickells. 2013 kuratierte erstmals Dr. Claudia Perren gemeinsam mit Sarah Breen Lovett die Reihe. „Expanded Architecture“ erwies sich im vergangenen Jahr als Publikumsmagnet des Architekturfestivals und bereits im Vorfeld komplett ausgebucht.

Kooperationspartner 2014:

Stiftung Bauhaus Dessau, The Seidler Architectural Foundation, Sydney Living Museums, Sydney Architecture Festival, Museum of Sydney, Kawai, Australia Square, Grosvenor Place, Charter Hall und The University of Sydney.